Rücktritt von der Prüfung

Studierende, Ärztinnen, Ärzte und Universitäten haben noch immer erhebliche Probleme mit krankheitsbedingtem Prüfungsrücktritt. Es gibt strenge Voraussetzungen, wann und unter welchen Bedingungen ein Prüfling aus gesundheitlichen Gründen von einer Prüfung zurücktreten darf. Um die Ablehnung des Prüfungsrücktritts durch das Prüfungsamt zu vermeiden, sollte man beachten, dass eine Krankheit eine erhebliche Verminderung der Leistungsfähigkeit bewirkt und eine trotz Krankheit geschriebene Prüfung ein ungenaues Ergebnis liefern würde, das die wirkliche Befähigung des Studierenden nicht wiedergibt. Dies würde auch die Chancengleichheit und Berufsfreiheit beeinträchtigen. Daher ist es anerkannt, dass krankheitsbedingt prüfungsunfähige Studierende die Möglichkeit haben, aus wichtigem Grund von der Prüfung zurückzutreten oder ihre Versäumnis zu entschuldigen und diese neu zu beginnen, ohne dass es auf bestehende Wiederholungsmöglichkeiten angerechnet wird.

Welche Erkrankungen berechtigen zum Rücktritt von einer Prüfung?

Um zum Rücktritt von einer Prüfung berechtigt zu sein, muss man eine aktuelle und zeitweise Beeinträchtigung des Leistungsvermögens aufgrund einer Krankheit haben, die zu einem regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand führt. Dies kann beispielsweise bei einem psycho-vegetativen Erschöpfungszustand oder einem Magen-Darm-Infekt der Fall sein. Eine Krankheit ist jedoch nicht als Grund für einen Rücktritt geeignet, wenn sie dauerhaft und auf einer generellen Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Person beruht, wie bei chronischen Erkrankungen oder Tinnitus. Es ist wichtig, sich mit den Regelungen zum Rücktritt an der eigenen Hochschule und im eigenen Studiengang vertraut zu machen.

Die Regeln für einen krankheitsbedingten Rücktritt von Prüfungen gelten auch für psychische Erkrankungen. Eine kurzzeitige Einschränkung der Leistungsfähigkeit berechtigt zum Rücktritt, aber dauerhafte psychische Leiden berechtigen nicht dazu, denn die Prüfungen bewerten nicht nur das Wissen, sondern auch die Anwendung und Umsetzung der erworbenen Kenntnisse und die Bewältigung der Prüfungssituation. Normalerweise berechtigt auch die Prüfungsangst nicht zum Rücktritt, es sei denn, es handelt sich um eine ernsthafte Erkrankung.

Zu welchem Zeitpunkt muss man von der Prüfung zurücktreten?

Meist muss man bei Krankheit sofort den Prüfungsrücktritt erklären. Die Prüfungsordnungen fordern in der Regel eine unverzügliche Rücktrittserklärung. Selbst wenn das nicht ausdrücklich geregelt ist, muss man den Rücktritt unverzüglich geltend machen. Gerichte bewerten die Eilbedürftigkeit sehr hart. Wird die Rücktrittserklärung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben, ist das nicht mehr unverzüglich. Wenn man ein paar Tage vor der Prüfung krank wird, sollte man spätestens am Vortag seinen Rücktritt erklären.


Kann man, obwohl man sich krank fühlt, die Prüfung beginnen und dann später noch zurücktreten?

Es ist nicht erlaubt, sich einer Prüfung zu unterziehen, obwohl man weiß, dass man krank ist. Tut man es doch, setzt man sich dem Prüfungsrisiko aus und muss sich dieses Risiko zurechnen lassen. Eine Rücktrittserklärung muss daher unverzüglich erfolgen, wenn man krank wird. Studierende, die bereits krank werden, bevor die Prüfung beginnt, müssen so schnell wie möglich einen Arzt aufsuchen und danach ihren Rücktritt erklären. Wer krank wird, während er eine Prüfung ablegt, muss sofort den Prüfern Bescheid geben, zum Arzt gehen und anschließend ein ärztliches Attest einreichen.

Ist ein krankheitsbedingter Rücktritt nach einer Prüfung oder sogar nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses nie möglich?

Hier ist zu differenzieren: Studierende, die z.B. auf dem Weg zur Prüfung einen Unfall erleiden, werden möglicherweise keine andere Möglichkeit haben, als nachträglich von der Prüfung zurückzutreten.

Bei psychischen Leiden sollte man nach bestimmten weiteren Kriterien differenzieren: Kurzzeitige Einschränkungen der Leistungsfähigkeit berechtigen zum Rücktritt von einer Prüfung, aber Dauerleiden nicht. Die Prüfungen sollen nicht nur die Kenntnisse überprüfen, sondern auch die Anwendung und Umsetzung dieser Kenntnisse, einschließlich der Bewältigung der Prüfungssituation. Daher berechtigen psychische Dauerleiden auch nicht zum Rücktritt. Außerdem gibt es keinen Anspruch auf Kompensation, wie beispielsweise eine Verlängerung der Schreibzeit. Normaler Prüfungsstress ist kein ausreichender Grund für einen Rücktritt, es sei denn, es hat den Grad einer Erkrankung erreicht.

Bitte beachten Sie auch, dass einige Prüfungsordnungen in diesem Fall der unerkannten Prüfungsunfähigkeit Fristen für den Rücktritt vorsehen und dass diese sogar dann ablaufen, wenn man erst danach erkennen konnte, dass man krank war.


Wie muss die Rücktrittserklärung aussehen?

Manche Prüfungsordnungen regeln Formerfordernisse für den Rücktritt, einige regen die Verwendung von speziellen Formularen an. Selbstverständlich ist es der „sicherste Weg“, sich daran zu orientieren. Im Übrigen ist schon aus Beweisgründen die Schriftform empfehlenswert ist und auch eine Übermittlung, die einen Nachweis des Zugangs ermöglicht (z.B. Einschreiben, Bote oder die Aufforderung, eine Empfangsbestätigung zurückzusenden). Je nach Krankheit und Prüfungssituation wird man aber zunächst eine mündlich abgegebene Erklärung genügen lassen müssen, die von den Prüfern zu protokollieren ist, z.B. bei plötzlich auftretendem Brechreiz während der Klausur. Zwingend erforderlich ist aber auf jeden Fall die eindeutige und vorbehaltlose Mitteilung, erkrankt und daher prüfungsunfähig zu sein

Welche Anforderungen sind an den Nachweis einer Erkrankung zu stellen?

Immer wird ein (fachärztliches) ärztliches Attest verlangt. Daher reicht eine einfache Krankschreibung, wie man sie aus dem Arbeitsleben kennt (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung), keinesfalls aus. Die Bescheinigung des Arztes sollte vielmehr mindestens eine Beschreibung etwaiger konkreter Beschwerden enthalten und darüber hinaus Ursachen sowie medizinische Befundtatsachen mit Krankheitswert nennen, aus denen sich nachvollziehbar eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit ergibt, und zwar genau für den Zeitraum der Prüfung. Es muss plausibel sein, warum der Arzt den Schluss ziehen konnte, dass der Studierende nicht in der Lage war, den Prüfungsanforderungen gerecht zu werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn der Prüfungsausschuss aufgrund des Attestes in der Lage ist, eine sachlich begründete Entscheidung über den Rücktritt zu treffen.

Zusammenfassung

Krank sein ist schlimm, aber nicht gefährlich für die Prüfung oder das Examen, wenn man wenige Grundsätze beherzigt:

Vor der Prüfung:

· Lesen Sie unbedingt die Rücktrittsregelung in Ihrer Prüfungsordnung.

· Suchen Sie sich Ärzte aus, zu denen Sie im Zweifel gehen könnten, wenn Sie während der Prüfung krank werden sollten (Adressen, Sprechstunden).

· Wenn Sie sich schon vor der Prüfung krank fühlen, gehen Sie sicherheitshalber zum Arzt. Schreibt dieser Sie krank, lassen Sie sich ein Attest ausstellen und erklären Sie eindeutig und vorbehaltlos Ihren Rücktritt spätestens einen Tag vor der Prüfung.


Während der Prüfung:

· Erklären Sie Ihren Prüfern oder der Klausuraufsicht vorbehaltlos und deutlich, dass Sie sich krank fühlen und die Prüfung abbrechen.

· Bitten Sie darum, dass diese Erklärung protokolliert wird.

· Gehen Sie unmittelbar anschließend zu einem Arzt und lassen Sie sich die krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit in einem Attest bestätigen.

· Reichen Sie dieses so zeitnah wie möglich ein.

Unerkannte Prüfungsunfähigkeit

Eine Ausnahme ist die sog. unerkannte Prüfungsunfähigkeit. Hierbei müssen zwei sich scheinbar widersprechende Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein: der Prüfling muss in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen sein und er darf die Beeinträchtigung nicht erkannt haben bzw. nicht erkannt haben können. Dies ist aber dann gegeben, wenn der Prüfling angibt, sich nicht wohl gefühlt zu haben und/ oder wenn er bereits Medikamente eingenommen hat.

Zur Verdeutlichung beschreiben wir einen Fall aus unserer anwaltlichen Praxis: Eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit dürfte zu bejahen sein, wenn ein Prüfling vor der Prüfung wegen einer Routineuntersuchung einen Arzt aufsucht, bei dem ihm Blut abgenommen wird, er sich kurze Zeit später der Prüfung unterzieht und die Blutuntersuchung anschließend ergibt, dass der Prüfling an einem bestimmten Infekt erkrankt war, für den es typisch ist, dass er vom Betroffenen nicht wahrgenommen wird und welcher zu einer Leistungsbeeinträchtigung führt. Im vorgenannten Fall war dem Prüfling das Ergebnis der Prüfung noch nicht bekannt gegeben worden, so dass ein Rücktritt in jedem Fall noch möglich war und auch das Erfordernis der Unverzüglichkeit gewahrt wurde. Gleichwohl dokumentiert der Fall, wie schmal der Anwendungsbereich der unerkannten Prüfungsunfähigkeit in der Praxis ist. Obwohl diese Fälle äußerst restriktiv gehandhabt werden, konnten wir zuletzt in einem gerichtlichen Verfahren aufzeigen, dass unsere Mandantschaft aufgrund einer Depression am Prüfungstag unerkannt prüfungsunfähig war, obwohl der Rücktritt erst nach der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erfolgte.

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